Theaterstück: Mutig miese Monster meucheln

Theaterspiel e.V., Witten, 2020

Mutig miese Monster meucheln hatte am 23.8.2020 in Witten im TheaterSpielLaden in Witten Annen-Mitte Premiere. Voran gegangen war eine lange Phase von Antragsstellungen und Förderansuchen um das Projekt durchführen zu können. Neben den bekannten Meilensteinen im Produktionsprozess eines Theaterstückes – Schreiben, Proben, Premiere - interessierten uns folgende Aspekte, die zum einen im Konzept angedacht waren, zum anderen im Produktionsprozess entstanden sind:

– Recherche im Team zu den Themen Angst, Mut, Angst- und Mutmacher*innen,
– Szenisches Schreiben & Stückentwicklung mit Hilfe der Zielgruppe
– Einbindung von Elementen des English Pantomime
– Erprobung soundbasierter Interaktionen
– Nachhaltiges Produzieren und Upcycling
– Abschluss & Theaterarbeit in Zeiten einer Pandemie

Szenisches Schreiben & Stückentwicklung mit Hilfe der Zielgruppe
Das Schreiben des Stückes nahm großen Raum ein. Ziel war es, die bereits im Vorgängerstück Ein bärenstarkes Fest agierenden Protagonistinnen Merle und Tante Thea in einer weiteren Abenteuergeschichte auftauchen zu lassen. Die Idee, Verbindungen und Zitate anderer Stücke und auch die der Netzwerkpartner*innen zukünftig in Produktionen einfließen zu lassen, eröffnete Gedankenspielraum für den Ausbau der Netzwerkarbeit.

In der Entwicklung des Skriptes, entstanden, wie zu erwarten war, wie aber auch immer wieder unterschätzt wird, viele offene Fragen. Viele Szenen wurden entwickelt, überarbeitet und verworfen. Die eingeplante Zeit und das dafür vorgesehene Budget war zu eng konzipiert.
Die Fragen nach einer fachspezifischen Begleitung im Prozess des szenischen Schreibens drängte sich einmal mehr auf. Auch wenn theaterspiel-Produktionen über mehrere Jahre hinweg erfolgreich gespielt werden, sehen wir hier noch Potential, die Arbeit des kreativen Schreibens weiter zu professionalisieren, gerade auch im Hinblick auf partizipative Ansätze.
Es hat sich in den Monaten der Pandemie noch einmal verstärkt gezeigt, wie viele Künstler*innen aus dem theaterspiel-Netzwerk selbst an eigenen szenischen Texten in verschiedensten Stilrichtungen und Spartenausrichtungen für eigene Projekte arbeiten. Dieses Potential möchten wir künftig verstärkt aufgreifen. Die Praxis des szenischen Schreibens sowohl für als auch mit einem jungen Publikum möchten wir künftig als einen der künstlerischen Schwerpunkte im Team markieren.

Einbeziehung und Austausch mit der Zielgruppe
Der für die Recherche angedachte Austausch mit der Zielgruppe war durch die Corona-Verordnungen bis zu den Sommerferien kaum möglich. Schulen und Einrichtungen für Kinder ließen vor den Sommerferien keine externen Akteure ins Gebäude, Workshops durften nur sehr eingeschränkt durchgeführt werden.

theaterspiel hat jedoch seit Februar 2020 das im Haus befindliche Ladenlokal angemietet und ausgebaut. Der TheaterSpielLaden verfügt über eine breite Fensterfront, ist niederschwellig und gut einsehbar, macht daher Arbeits- und damit eben auch Probenprozesse für die Vorbeilaufenden transparent und zugänglich.
Kinder der ansässigen Roma-Community ergriffen sofort die Gelegenheit und waren ständige Begleiter*innen des Probenprozesses. Sie stellten uns Fragen zu Stück und Thema, wir stellten Fragen zurück. Immer wieder kam es durch diesen Austausch zu dramaturgischen Wendungen und damit Überarbeitungen. In diesem Prozess erlebten die Kinder, ihre vielen Geschwister und Eltern zum ersten Mal Theater, dabei mussten Regeln vermittelt und auch durchgesetzt werden. theaterspiel erfuhr einmal mehr die Notwendigkeit und auch Aufgabe der grundsätzlichen Vermittlung der Theaterpraxis um neue Zuschauer*innengruppen zu gewinnen.

Gleichzeitig war die junge Zielgruppe bereits im Probenzeitraum in den künstlerischen Prozess involviert und wurde gehört - obwohl es sich um eine Produktion mit einem Team ausschließlich aus professionellen Akteur*innen handelt. Diese Open-Door-Policy des TheaterSpielLadens im Probenprozess ging damit noch einmal deutlich über z.B. gelegentliche Rückmeldungen von Patenklassen zurück, denen in früheren theaterspiel-Produktionen
punktuell Arbeitsstände präsentiert wurden. Es zeigt sich jedoch auch, dass es für die konsequente Arbeit mit einer solchen „offenen Tür" ein Team aus Künstler*innen braucht, die entsprechend arbeiten können und möchten. Das war in dieser Produktion der Fall.

Insgesamt entstanden durch die die Arbeit im TheaterSpielLaden, neue Kontakte zur Zielgruppe, zu im Sozialraum Aktiven, Anwohner*innen und politischen Akteuren. Das war in diesem Ausmaß für uns nicht erwartbar. Nicht selten standen Leute vor den Fensterflächen und schauten dem Probengeschehen zu, oft entstand Austausch und Gespräche. Mit den Proben von Mutig miese Monster meucheln etablierten wir fast nebenbei professionelle Theaterarbeit im Alltag des als Brennpunktes bekannten Sozialraum Witten Annen/ Witten.

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