Wanderungen auf dem Jakobsweg als Therapie
Bereits zum wiederholten mal unterstützte Ihre Stiftung unsere Therapiegruppe und ermöglichte damit die Teilnahme aller interessierten Mitglieder der Jakobusgruppe an der mittlereile siebten Etappe der zweiten Auflage der jährlichen Wanderungen quer durch Europa Richtung Santiago de Compostela vom 04. bis 18. September 2017.
Wir berichten an dieser Stelle über den Stand und Verlauf der Therapiegruppe im Jahr 2017 und legen den Schwerpunkt auf die Jahresetappe, die uns in diesem Jahr dem Mittelfränkischen Jakobusweg folgend von Nürnberg über Rothenburg ob der Tauber führte. Von dort aus ging es weiter bis Möckmühl, nördlich von Heilbronn, von wo aus wir im kommenden Jahr in Richtung Speyer weiter wan-dern werden. Unter der Voraussetzung, dass Ihnen unsere Therapie und die organisatorischen Umstände aus unserer bisherigen Zusammenarbeit gut bekannt sind, verzichten wir hier auf eine ausführliche Darstellung.
Nachdem im Februar mit dem Vortrag über die vorhergehende Etappe in der VHS Herne diese endgültig abschlossen wurde, begann schon früh im März die Kartengruppe mit der Vorbereitung der diesjährigen Etappe. Die Kartengruppe bestand aus fünf Mitgliedern der Jakobusgruppe, unterstützt durch Mitarbeiter der Klinik und befasste sich in Eigenregie mit der Planung der Etappe und des Etappenziels, den Tagesetappen, dem Kartenmaterial und den Wanderführern, den Unterkünften etc.
In diesem Jahr war aufgrund der dünn besiedelten Gegend zwischen Rothenburg ob der Tauber und Möckmühl die Hotelsuche für die zweite Woche der Wanderung eine der größten Herausforderungen. Die Teilnehmer mussten außerdem entscheiden, ob die übliche Hauptroute, oder eine auf der Strecke mögliche Nebenroute gegangen werden soll. Weiterhin wurden Tagesetappen unter Berücksichtigung von Höhenprofilen abgesteckt und im Etappenplan festgehalten.
Die Planung des kulturellen Programms für die zwei Ruhetage bereitete dagegen bei der Dichte der Sehenswürdigkeiten kaum Schwierigkeiten. Die Gruppe erwarteten neben der weltbekannten mittelalterlichen Altstadt Rothenburgs mit Käthe Wohlfahrts Weihnachtsdorf und dem in Deutschland rechtshistorisch bedeutendsten Kriminalmuseum am ersten Ruhetag auch die Besichtigung des Kloster Schöntal mit der Grabstätte des Götz von Berlichingen am zweiten Ruhetag.
Im Mai konnte dann die Vortour stattfinden: Zwei Mitglieder der Kartengruppe und eine Mitarbeiterin besichtigten an drei Tagen die ausgewählten Hotels (inklusive Kosten- und Menüverhandlungen) und die Umgebungen, sichteten Versorgungsmöglichkeiten und organisierten die Besichtigungen für die Ruhetage. Mit diesen Vorbereitungen kann die Durch-führung der Jahresetappe in einigen Bereichen deutlich erleichtert und entlastet werden. Die Vortour mündete in einem von den Pilgerinnen eigenständig gestalteten Vortrag vor der Gruppe zur Informationsweitergabe und Ermutigung der noch frischen Teilnehmer und Teilnehmerinnen und schließlich auch vor einem deutlich größeren Publikum auf der feierlichen Verabschiedung der Jakobusgruppe.
Die Wandergruppe bestand in diesem Jahr aus 13 TeilnehmerInnen. Diese teilten sich auf in zehn Frauen und drei Männer. Die Altersspanne betrug knapp 50 Jahre, mit der jüngsten Teilnehmerin mit 21 Jahren und der ältesten mit 69 Jahren. Sechs der TeilnehmerInnen nahmen zum ersten Mal an der Jahreswanderung teil.
Bereits an diesen Eckdaten wird die besondere Herausforderung der Gruppe in diesem Jahr deutlich: Es galt, die jeweiligen Bedürfnisse einer sehr heterogenen Gruppe was Alter, Leistungsfähigkeit und Erfahrung angeht, in einer Gruppe zu vereinen.
Hier zeigte sich schnell eine untereinander sehr wohlwollende und wertschätzende Haltung, wodurch die Gruppe im Laufe der Zeit zunehmend in der Lage war, respektvoll auf die Bedürfnisse des Einzelnen zu reagieren und Einzelne sich zunehmend trauten, für ihre Bedürfnisse zu sorgen. So zeigte sich beispielsweise in Phasen weiter Wegstrecken, dass die Gruppe sich durch unterschiedliche Lauftempi auseinanderzog. An jeder Abzweigung oder schwierigen Stelle wurde jedoch ohne Zweifel aufeinander gewartet.
In dieser Zeit entwickelte sich ein Gruppenklima, das nicht nur durch Respekt und Wertschätzung gekennzeichnet war, sondern der Gruppe auch ermöglichte, auftretende Probleme und Sorgen (in der Gruppe, zwischen Teilnehmern und individuell) weitestgehend eigenständig zu lösen. Die Verantwortungsbereitschaft untereinander war ausgesprochen hoch. Außerdem profitierte die Gruppe von der Durchmischung aus erfahrenen und unerfahrenen TeilnehmerInnen. Galt es in den vorhergehenden Jahresetappen ja ‚nur' durchschnittlich drei neue Teilnehmer zu integrieren, teilte sich in diesem Jahr die Gruppe hier in zwei Hälften. Die erfahreneren Pilger entwickelten schnell viel Einfühlungsvermögen, ihre Erfahrungen und Tipps an die anderen zu vermitteln. Darüber erfuhren sie wiederum Anerkennung und Wertschätzung ihrer eigenen Entwicklung und konnten ihre Fortschritte wahrnehmen.
Die streckenweise eher karge Landschaft, die durchwandert wurde, trug ebenfalls zur Gruppendynamik bei: Auf freiem Feld und wenn es sonst ‚wenig zu sehen gibt', entsteht Raum für Gespräch zwischen den Teilnehmern, der eine besondere Tiefe bietet. Durch wenig Ablenkung von außen auf dem Weg und auch besonders im ersten Hotel, welches eher abgelegen lag, wurden die Mitglieder der Gruppe und das Gespräch miteinander bedeutsamer.